● Allgemeines zu Bulimie
● Verhaltensmerkmale bei Bulimie
● Diagnostische Hinweise für Bulimie
● Folgen von Bulimie
● Wege aus der Magersucht
● Therapie gegen Bulimie
Die Ess-Brecht-Sucht, auch Bulimie genannt, ist eine Krankheit, die erst in den 70er Jahren erstmals beschrieben wurde. Etymologisch bedeutet das Wort Bulimie „Stierhunger“. Dieser Name ist bereits bezeichnend für das wichtigste Merkmal dieser Krankheit: der Heißhunger. Die Bulimie, die auch als Bulimia nervosa bezeichnet werden kann, zeichnet sich durch Fressanfälle aus, in denen die Betroffenen große Mengen an Nahrung verschlingen. Im Normalfall folgt auf solche Heißhungerattacken meist absichtlich herbeigeführtes Erbrechen. Wie auch bei der Anorexie sind vor allem weibliche Personen von dieser Krankheit betroffen. Ein großer Unterschied zur Magersucht ist allerdings die Rolle des Gewichtes der erkrankten Person. Während bei der Magersucht das Körpergewicht ein Diagnosekriterium ist, haben bulimische Menschen meist ein normales, d.h. unauffälliges Gewicht. Jedoch kommt es bei Bulimikerinnen oft zu starken Gewichtsschwankungen, die bis zu 20 kg betragen können. Der Großteil der Erkrankten erleidet manchmal täglich einen Fressanfall. Bei positiver Beeinflussung des Lebensstils kann allerdings auch eine Besserung und Stabilisierung des Essverhaltens über mehrere Tage erzielt werden. Positiv wirken sich z.B. Urlaub und neue Freundschaften aus. Während einer Fressattacke werden bis zu 4.000 Kalorien zu sich genommen, vor allem durch kalorienreiche Nahrungsmittel wie Torten, Kuchen, Schokolade, Eis, Butter, Brot und Honig. Diese Dickmacher werden bei Fressanfällen vermehrt zu sich genommen, aber im normalen Speiseplan sind diese Lebensmittel tabu. Bulimikerinnen horten gerne für die Heißhungerattacken große Mengen an Lebensmitteln. Diese Tatsache schlägt sich oft in enormen Geldausgaben nieder. Diese Anfälle werden kaum durch ein wirkliches Hungergefühl ausgelöst, sondern sind meist Ventil für psychische Spannungszustände, in denen sie frustriert, gelangweilt, angstvoll oder wütend sind. Die Attacken sind oft gut geplant, damit keine störenden Faktoren während des Fressanfalles auftreten können. Typisch für die Bulimia nervosa ist außerdem nach dem Fressanfall selbstinduziertes Erbrechen. Zusätzlich werden gerne Appetitzügler oder Abführmittel verwendet, um die bei Heißhungerattacken zugeführten Kalorien dem Körper wieder zu entziehen. Man kann bei der Bulimie in zwei Typen unterscheiden. Der purging-Typ weist alle typischen Charaktermerkmal der Bulimia nervosa auf, der non-purging Typ verhält sich anorektisch und erreicht die Regulierung des Körpergewichts nach den Heißhungerattacken durch Fasten und gesteigerte Bewegung.
● Verhaltensmerkmale bei Bulimie
· Essverhalten in der Öffentlichkeit ist kontrolliert.
· Auswahl von light- und fettarmen Produkten für die Mahlzeiten, die „offiziell“ gegessen werden und im Körper bleiben.
· Trennen in erlaubte und verbotene Lebensmittel.
· Einkauf großer Mengen billiger, leicht verzehrbarer Lebensmittel für die Essanfälle.
· Schlingendes Essen bei den Essanfällen.
· Horten von Lebensmitteln (Großeinkäufe) mit gleichzeitiger Angst davor, Lebensmittel zu Hause zu haben.
· Manchmal hohe Verschuldungen aufgrund der hohen Ausgaben für Lebensmittel.
· Keine geregelten Mahlzeiten.
· Nach außen hin funktioniert alles perfekt, die Fassade stimmt.
· Bulimie ist schambesetzt und heimlich.
· Selbstekel, das Gefühl, abnorm zu sein.
· Soziale Isolation, Vernachlässigung von Interessen, depressive Verstimmungen.
· Viele sportliche Aktivitäten.
· Bei Fressanfällen: kaum kauen, ohne Besteck essen, aus der Dose/Packung essen.
· Tagesplan nach dem Essen ausrichten.
· Beim Vorbereiten der Mahlzeit schon essen.
· Immer das Gleiche essen (non-purging Typ).
· Unpassende Lebensmittel zusammen essen (non-purging Typ).
· Bauch immer mit Tasche, Kissen etc. bedecken (non-purging Typ).
● Diagnostische Hinweise für Bulimie
· Andauernde, übertriebene Beschäftigung mit Figur und Gewicht.
· Krankhafte Furcht davor, dick zu werden.
· Scharf definierte, sehr niedrige persönliche Gewichtsgrenze.
· Mindestens zwei Essattacken pro Woche in einem Zeitraum von über drei Monaten.
· Dabei schnelle Aufnahme großer Mengen meist leicht verzehrbarer und kalorienreicher Nahrungsmittel.
· Das Gefühl des Kontrollverlustes über das Essverhalten während der Anfälle.
Im Anschluss versuchtes Rückgängigmachen der Kalorienzufuhr über:
· selbstinduziertes Erbrechen
· Medikamentenmissbrauch (z.B. Abführmittel, Entwässerungstabletten…)
· strenge Diäten / Fastenphasen
· übermäßige körperliche Betätigung
Die körperlichen Folgeschäden sind je nachdem wie versucht wird, die Essanfälle rückgängig zu machen, unterschiedlich: Es können Herzrhythmusstörungen, Kreislaufprobleme, Zahnschmelzschäden, Elektorlytentgleisungen (Kalium-/Magnesiummangel) und/oder Nierenschäden auftreten. Durch das häufige Erbrechen kann es nicht nur zu Zahnschmelzschäden, sondern auch zu Entzündungen und Verletzungen der Speiseröhre und zu Halsschmerzen kommen. Das vermehrte Benutzen von Abführmitteln kann zu Verstopfungen, Blähungen und Magenschmerzen führen. Die Regelblutung kann ausbleiben. Außerdem können Schlafstörungen, Haarausfall und/oder Konzentrationsstörungen auftreten.
Zu den seelischen Folgen gehören starkes Ambivalenzverhalten, Wenn-dann-Denken, Schwarz-Weiß-Denken, Perfektionismus, Abwertung der eigenen Person und anderer Menschen bis hin zu Selbsthass und Depressionen. Bulimikerinnen verbergen ihre Krankheit so lange wie möglich und oftmals kommt es auch zu einer Verleugnung der eigenen Symptome. Nach außen führen die Betroffenen ein unauffälliges Leben. Mit Fortschreiten der Krankheit kommt es allerdings immer mehr zur Isolation, da die Patienten sozialen Verpflichtungen kaum mehr nachkommen. Es kommt zu Schamgefühlen und zu Rückzugsverhalten.
Mehrfachabhängigkeiten mit Alkohol, Drogen, Medikamenten oder Kaufsucht kommen vor, auch selbstverletzendes Verhalten kann zusätzlich auftreten.
· Regelmäßiges Essen bremst Gier und Essanfälle.
· Lernen von Entspannungstechniken zum Stressabbau.
· Einsicht, dass die Bulimie sich verselbstständigt und professionelle Hilfe nötig ist.
· Aufsuchen medizinischer Betreuung, einer Therapie und/oder einer Selbsthilfegruppe
Psychotherapeutische Verfahren spielen die wichtigste Rolle bei der Behandlung von Ess-Störungen. In Einzel-, Gruppen- und Familietherapien setzt die Behandlung vor allem auf der kognitiven, der künstlerisch-gestalterischen und der körperlich-expressiven Ebene sowie beim Essverhalten an. Dabei soll vor allem die Selbstverantwortlichkeit entdeckt und gefördert werden und gerade bei jugendlichen Essgestörten eine soziale Reintegration, die für eine andauernde Gesundung mit entscheidend wirkt, erreicht werden. Die Therapie erfolgt je nach Diagnose der Krankheit stationär, tagklinisch, teilstationär oder ambulant. Auf das Verschreiben von Medikamenten, in erster Linie Psychopharmaka, wird heutzutage weitestgehend verzichtet. Zu einem Einsatz kommt es gegebenenfalls nur, wenn besondere psychopathologische Symptome erkennbar sind.